Wer war dabei: Es war eine gemeinsame Fahrt der Naturfreunde Nürnberg-Mitte, des Verbands der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) und dem Bunten Tisch Gartenstadt (BTG), eine Initiative, die sich aufgrund rechter Provokationen in der Gartenstadt gründete.
Als wir mit dem Bus ankamen, war der Motorradclub „Kuhle Wampe“ mit 10 Mann und Frau schon auf uns wartend vertreten. Durch den Streik des Scheibenwischers hatte unser Bus etwas Verspätung. Alle Achtung vor den Bikern, es war kalt und es regnete. Etliche der Angemeldeten hatten sich auch krank gemeldet. Aber mit jetzt insgesamt 35 Teilnehmern waren wir doch eine ansehnliche Gruppe im „bayerischen Sibirien“.
Zum KZ Flossenbürg haben wir Nürnberger Naturfreunde einen konkreten Bezug durch die Gebrüder Lodes, Naturfreunde, die von den Nazis vor Gericht gestellt wurden und Fritz Lodes in Flossenbürg auch sein Leben ließ.
Was war damals geschehen?
Rudolf und Fritz Lodes ließen es sich mit ihrer Wandergruppe „Falkenhorst“ nicht nehmen, nach dem Verbot und Enteignung der Naturfreunde 1933 weiterhin als Naturfreundegruppe zu wandern. Dass sie das mit ihrer bisherigen Wanderkluft taten, das Naturfreundeabzeichen mit den verschlungenen Händen trugen und sich weiterhin mit dem Naturfreundegruß „Berg frei!“ begrüßten, hatte verheerende Folgen. Wie so oft, durch einen Denunzianten verraten, griff die Polizei zu. Am 26. August 1936 wurden die 5 jungen Männer im Alter von 19 und 23 Jahren abgeholt und vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth der Prozess gemacht. Der Vorwurf: „Verbrechen gegen das Gesetz über das Verbot der Neubildung politischer Parteien“. Durch das Tragen ihrer Wanderkleidung verstießen sie gegen das Uniformverbot und weil sie politische Witze weitererzählten, verstießen sie gegen das Gesetz der „Heimtücke“.
Trotz dieser vielen ungünstigen Voraussetzungen fielen die Strafen verhältnismäßig glimpflich aus: Drei Jahre Gefängnis für Rudolf Lodes, je zwei für die übrigen 4 Angeklagten der Gruppe.
Zwar galten die zweijährigen Strafen als durch die Untersuchungshaft verbüßt, aber statt Entlassung folgte die sogenannte „Umerziehung“ in Dachau, Sachsenhausen und Flossenbürg. In Flossenbürg verstarb Fritz Lodes am 13. Januar 1940 im Alter von 23 ½ Jahren an am Standartgrund „Herzschlag“. Eingeäschert wurden seine sterblichen Überreste im Krematorium in Selb, da man im Lager in Flossenbürg „technisch“ noch nicht so weit war.
Rudolf wurde im Januar 1942 aus Sachsenhausen entlassen, weil er sich beim Bergen von Bombenblindgängern besonders bewährt hatte. Nach einigen Monaten trügerischer Ruhe wurde er jedoch zum berüchtigten Strafbataillon 999 eingezogen und starb im März 1944 in Russland den “Heldentod für Führer, Volk und Reich, im Glauben an eine siegreiche Heimkehr“, wie die zynische Formel damals lautete.
Heute gibt es auch eine „Gebrüder-Lodes-Straße“ in einem Neubaugebiet im Nürnberger Ortsteil Eibach , was darauf hinweist, dass man sich sehr spät an die Gebrüder Lodes erinnert hat oder erinnern wollte.
Soweit zu unserer Geschichte.
In 5 Gruppen aufgeteilt wurden wir in zwei Stunden kompetent durch das Gelände geführt.
Anders als Dachau war das KZ Flossenbürg von Anfang an als ein Konzentrationslager zur Ausbeutung von Zwangsarbeitern für die wirtschaftlichen Interessen der SS geplant.
Im Herbst 1944 befanden sich 8000 Häftlinge im überfüllten Lager, unübersehbar für Bevölkerung!
Ging es anfangs um die Produktion von Granit für die größenwahnsinnigen Bauten der Nazis, auch für das Reichstagsgebäude in Nürnberg, wurde Flossenbürg später zum Zentrum eines weit verzweigten Lagersystems mit vielen Außenlagern. Über 5000 Häftlinge arbeiteten für Messerschmitt bei der Produktion des Kriegsflugzeuges Messerschmitt Bf 109.
Ende 1940 nahm das Krematorium Flossenbürg den Betrieb auf. Ab Ende 1944 reichte die Kapazität des Ofens nicht mehr aus, sodass die Toten im Freien verbrannt wurden. Arbeitsunfähige wurden schlichtweg „entsorgt“. Den Geruch verbrannter Leichen breitete sich weit über das Lager hinaus aus.
Ende 1944: Für die Kriegsproduktion wurde in mehr als 100 Außenlagern von Flossenbürg gearbeitet In Nürnberg waren die Lager auf dem Reichsparteitagsgelände, in Langwasser und am Südfriedhof.
Vor den Augen der Bevölkerung mussten die Männer und Frauen im Kabelwerk Neumeyer, bei MAN und Siemens, bei Diehl und in vielen kleinen Betrieben schuften, oft bis zum Tode.
In Nürnberg und Umgebung (Langenzenn) arbeiteten zwischen 1939 und 1945 mindestens 118.000 „Arbeitssklaven“ aus 54 Ländern. Nach Schätzungen kamen ca. 5.900 ums Leben,
Helen Klein – eine von ca. 550 ungarische Jüdinnen des KZ-Außenlagers der Siemens-Schuckertwerke kam auf ungeklärter Weise im Lager ums Leben. Sie war zunächst am Nürnberger Westfriedhof beigesetzt. Seit 1960 befindet sich das namentlich gekennzeichnete Grab im Ehrenfriedhof der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg. An ihrem Grabstein legten wir (BTG) zu ihrem Gedenken und stellvertretend zur Erinnerung aller ermordeten Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter einen Blumenstrauß nieder.
Wir gedachten allen Opfern des Faschismus durch die gemeinsame Niederlegung eines Kranzes durch Naturfreunde, VVN-BdA und BTG.
Im April 1945, kurz vor Kriegsende wurde Flossenbürg in mehreren Todesmärschen evakuiert, am 23. April 1945 wurde das KZ Flossenbürg durch die US-Armee befreit.
Viele KZ-Insassen starben noch nach der Befreiung. Sie mussten in der Ortsmitte von Flossenbürg begraben werden, damit sie nicht vergessen werden können!
Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!
Gegen das Vergessen!